Während sich das Coronavirus COVID-19 weltweit ausbreitet, untersuchen Unternehmen wie Roquette potenzielle Erreger, die der Bekämpfung von Viren dienen. Cyclodextrine gehören zu den vielversprechenden Substanzen: ein Breitspektrum-Antivirenmittel, das Wirkstoffe an die Schleimhäute abgibt. In diesem Artikel erfährst du, was wir aus einem kürzlich erschienenen Beitrag von Roquette gelernt haben.
Roquette, Urheber des ausführlichen Artikels, ist ein französisches Familienunternehmen, das unter anderem Produkte für die Pharmaindustrie entwickelt. So auch Hydroxypropyl-Beta-Cyclodextrin, das in Zukunft wegen dieser fünf Eigenschaften in der Bekämpfung von Virusepidemien eingesetzt werden könnte:
Cyclodextrine sind Lösungsvermittler: Sie helfen bei der Verabreichung von Medikamenten
Am häufigsten werden Hydroxypropyl-beta-Cyclodextrine, kurz HPβCD, als Lösungsvermittler eingesetzt. Und dabei für die Applikation pharmazeutischer Wirkstoffe auf die Schleimhäute von Nase, Mund und Rachen. Als Hilfsstoff lösen Cyclodextrine Substanzen, deren schlechte Wasserlöslichkeit den Prozess der antiviralen Entwicklung behindert oder erschwert. So beschleunigen Cyclodextrine die Entwicklung antiviraler Medikamente.
Eine angemessene Löslichkeit des Medikaments ist für eine hohe Bioverfügbarkeit unerlässlich und folglich auch für die Wirksamkeit oraler antiviraler Behandlungen. Bei der parenteralen Therapie, die den Vorteil eines raschen Einsetzens bei kritisch kranken Patienten bietet, ist die Löslichkeit von Arzneimitteln noch wichtiger. Dafür verwendete intravenöse Lösungen müssen partikelfrei und auf den physiologischen pH-Wert gepuffert sein.
Cyclodextrine bekämpfen Viren
Sie bringen Wirkstoffe effektiv dorthin, wo sie benötigt werden, und gleichzeitig wirken modifizierte Cyclodextrine auch als Breitspektrum-Antivirenmittel. Das zeigt diese Studie, die im Januar 2020 in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wurde: Modifizierte Cyclodextrine als antivirale Breitspektrum-Wirkstoffe.
«Wir haben biokompatibles sulfoniertes CD [Cyclo-Dextrine] synthetisiert, das sich als wirksam gegen eine grosse Anzahl HS-abhängiger Viren erwiesen hat. Es weist einen viruziden, irreversiblen Wirkmechanismus mit breitem Spektrum auf, stellt eine hohe Barriere gegen Virusresistenz dar und ist biokompatibel.»
«Wir demonstrierten seine präventive und therapeutische Wirkung sowohl in Zelllinien als auch in pseudostratifizierten und hoch differenzierten Histokulturen menschlichen Ursprungs, die die oberen Atemwege und die Vagina getreu nachahmen, sowie in einem relevanten Mausmodell der HSV-2-Infektion. Modifizierte CDs sind daher ein wirksames Mittel zur Bekämpfung multipler Virusinfektionen.»
Cyclodextrine verstärken die Impfstoffwirkung
Unternehmen und Institutionen arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung von Impfstoffen. Bislang ist kein Impfstoff für COVID-19 zugelassen. Seit der Freigabe der Gensequenz von COVID-19, Anfang Januar 2020, arbeiten Wissenschaftler rund um die Uhr an der Entwicklung stabiler Impfstoffe. Sie basieren hauptsächlich auf Technologien für nicht lebende Untereinheiten-Impfstoffe und auf mRNA-gestützten Techniken.
Nicht lebende Impfstoffantigene, insbesondere Subunit-Impfstoffe, sind jedoch schwach immunogen und benötigen zusätzliche Hilfsstoffkomponenten, um die Immunität zu stimulieren. Als Hilfsstoff veranlasst HPβCD Antworten der T-Helferzellen vom Typ 2. Das erhöht die Anzahl antigenspezifischen Antikörper und erhält eine längere Immunantwort aufrecht. Infolgedessen wirkt HPβCD als sicherer und effizienter Hilfsstoff bei der Entwicklung erfolgreicher Impfstoffe zur Prävention von COVID-19.
Cyclodextrine stabilisieren Antikörper
Monoklonale Antikörper können spezifisch gegen das Virus gerichtet sein und Langzeiteffekte erzielen. Proteine sind von Natur aus instabil. Daher ist die Auswahl geeigneter Hilfsstoffe für die endgültige Formulierung entscheidend, um die Stabilität des Antikörpers während der Lagerung und des Transports aufrechtzuerhalten.
Viele Fallstudien zeigen, dass HPβCD Proteine unter verschiedenen Stressbedingungen vor Aggregation schützen können. Darüber hinaus legen das validierte Sicherheitsprofil in zugelassenen parenteralen niedermolekularen Arzneimitteln nahe, dass es ein vielseitiger Hilfsstoff bei der Entwicklung von Antikörperformulierungen ist. Ebenso spricht die Stabilität von HPβCD dafür.
Als Membranstörer vermeiden Cyclodextrine Infektionen
Die Infektion durch umhüllte Viren, einschliesslich Corona- und Influenzaviren, wird durch virale Bindung an zelluläre Rezeptoren und die Fusion der Virushülle mit der Wirtszellmembran in Gang gesetzt. Es gibt Hinweise darauf, dass Cholesterin für den erfolgreichen Eintritt umhüllter Viren in die Wirtszelle erforderlich ist. Cholesterin ist in Mikrodomänen in der Virushülle und der Zellmembran vorhanden.
Cyclodextrine sind in der Lage, Cholesterin aus Viruspartikeln zu sequestrieren und dadurch eine Störung des Lipidflosses zu verursachen. So wird die Struktur der Virushülle deformiert. Ebenso können Cyclodextrine Cholesterin aus den Membranen der Wirtszellen abbauen, wodurch diese weniger anfällig für eine Virusinfektion werden.
In Form von Nasen- und Rachensprays können Cyclodextrine der Virusübertragung über die Atemwege vorbeugen.
Obwohl Cyclodextrine die COVID-19-Infektion weder verhindern noch heilen, können sie wesentlich zur Entwicklung solcher Massnahmen beitragen. HPβCD kann vielfältig eingesetzt werden: als Hilfsstoff zur Verbesserung der Löslichkeit von antiviralen Medikamenten, zur Stabilitätsverbesserung von therapeutischen monoklonalen Antikörpern und als Impfstoff-Hilfsstoff. Cyclodextrine können möglicherweise zur Eindämmung von Infektionen oder viruzider Mittel nach struktureller Modifikation eingesetzt werden.
Quellen:
- Bekämpfung des Coronavirus: Schlüsselrolle von Cyclodextrinen bei Behandlung und Prävention
- Modifizierte Cyclodextrine als Breitspektrum-Antivirenmittel
